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Grenzbesprechungen Teil 2

Grenzbesprechungen Teil 2

Einladung zur Fortsetzung der „Grenzbesprechungen“

am Mittwoch, 25. Oktober 2017, 14-16 Uhr, R U104b

Grundform unseres Arbeitens und unserer Ausbildung am Institut für AVL ist das Seminar. Wie aber und unter welchen Voraussetzungen wird im Seminar gesprochen und was sind die Herausforderungen und Potenziale dieses Sprechens? Zu Beginn des Wintersemesters wollen wir einen Gesprächsrahmen schaffen, der DozentInnen mit StudentInnen genau darüber in Austausch treten lässt; in welchem Beobachtungen und Bedürfnisse artikuliert werden können. Dem ‚Sprechraum Seminar‘ wollen wir uns dabei über die (vorgelagerte) Frage nach seinen institutionellen Rahmenbedingungen nähern. Anschließend möchten wir die Perspektive wieder öffnen und diskutieren: Zu welchen potentiellen Handlungsfeldern kann oder soll uns die Einübung eines professionellen Sprechens befähigen?

1. Was heißt: ein AVL-Seminar in München besuchen?

Von Institut zu Institut und historisch existieren verschiedene Entwürfe dessen, was AVL ist. Welche Bedeutungen werden dem ‚A‘, dem ‚V‘ und dem ‚L‘ am Münchner Institut beigemessen, d.h. was bedeuten sie und wie bedeutend sind die Aspekte für unser Studium? In München wird ein Schwerpunkt auf dem „allgemeinen“ Aspekt der AVL vertreten. Damit einher geht, dass sich der Fokus von einem Kanon literarischer Texte zu einem theoretischen Kanon verschoben hat. Welchen Prämissen folgt diese Kanonbildung und wie ‚allgemein‘ bzw. ‚standortspezifisch‘ ist diese; und wie stark bestimmt sie die Ausrichtung der Ausbildung, die wir erfahren?

Dahingegen wird das ‚V‘ in unserem Namen mittlerweile nicht mehr so sehr als Methode des „Vergleichens“, sondern als ein Anspruch auf Vielfalt verstanden (sh. von Koppenfels/Stockhammer, „Was ist AVL?“). Das impliziert, sich in möglichst vielen Sprachen bewegen zu können. Aber: Wo wäre innerhalb der realen Strukturen unseres modularisierten Studiums explizit Raum, um die Voraussetzungen für diesen Anspruch zu schaffen? Und wie schlägt sich die geforderte vielfältige Lesepraxis in den Seminaren konkret nieder?

2. Was heißt: im Seminar sprechen?

Sprechen im Seminar bewegt sich oft in einem Spannungsfeld zwischen Begehren und Angst: Das Bedürfnis danach, eigene Standpunkte/Positionen beziehen (und wieder verlassen) zu lernen, und ein damit einhergehender ‚Hunger nach Streitgespräch‘ trifft auf die Angst davor, zu sprechen und/oder zu fragen, weil darin eine ungenügende Leistung und Unfähigkeit zu entsprechen bloßgestellt würde.

Teil des Studiums – auch wenn es nicht explizit begleitet wird – ist es, bestimmte Sprechverhalten einzuüben, die mit diesem Spannungsfeld umgehen. Im Verlauf bilden sich Sprechweisen heraus, die sich durchsetzen, und andere, die schneller ‚abgedrängt‘ werden. Dieses Gefälle zwischen einem Sprechen, das Präsenz erzeugt und einem, welches schneller in Vergessenheit gerät, wäre genauer zu bestimmen – ob es beispielsweise zwischen lautem und leisem, thesenhaftem und kommentierendem, beobachtendem Sprechen verläuft. Gleichzeitig wäre der Rahmen der Gleichberechtigung, der theoretisch vorausgesetzt wird, in Bezug auf Geschlechter- und Autoritätsverhältnisse kritisch zu befragen, welche sich in der Seminarsituation niederschlagen. (Kann man in diesem Zusammenhang noch von einem männlich/weiblich codierten Sprechen sprechen?)

Wie und wo wären all diese Bedingungen, die unsere Seminargespräche mitstrukturieren, stärker zu thematisieren? Wie lässt sich eine Streitkultur einüben, die gleichberechtigt verläuft und in die möglichst viele Stimmen Eingang finden? Inwiefern wären die Voraussetzungen für eine solche Streitkultur im Seminar stärker zu thematisieren: z.B., wie man professionell eine Position bezieht, die zwischen Nähe und Distanz skalieren kann, die einen Standpunkt vertreten kann und zugleich für Überzeugung flexibel bleibt?

3. Handlungsräume Wozu: AVL studieren?

Wozu bildet das Studium aus?

Unser Studium ist – als modularisiertes – geprägt von Durchrationalisierung, engen Formatvorgaben und Taktungen, und fordert oft Anpassungsfähigkeit an eine Maschinerie. Wie kann im Verhältnis dazu die Form des Seminars gestaltet werden? Kann bzw. sollte es dazu einen Widerstandsraum ausbilden? Oder welche Formen der Mobilisierung von Widerstand sind vorstellbar? Wenn man über Handlungs- und Widerstandsräume nachdenkt,  dann auch vor dem Hintergrund der Frage, wie sich diese zu einem forschungsorientierten Arbeiten verhalten, welches im Seminar- und Studienverlauf der AVL eine große Rolle spielt. Was und für was lernen wir im Studium zu ‚produzieren‘ und auf welche Karrieren bereitet es vor?

Wozu befähigt das Studium?

Das Studium als Entwicklungs- und Bildungsprozess bietet aber auch Anlass zur Frage, ob unser theoretisches Arbeiten Übersetzung in eine Praxis finden kann und wie diese aussehen könnte. Welche (politischen) Handlungsräume ermöglicht Literaturwissenschaft jenseits der Straße? Sind Formen, unser Wissen und unsere Kompetenz einzusetzen und damit Handlungsräume zu gestalten, nicht ausschließlich jenseits der Grenzen des Studiums zu denken, sondern auch innerhalb dieser?

Konkret gefragt: Gesetzt, die Literaturwissenschaft habe den politischen Anspruch, antidogmatisches Denken zu üben, und anhand des autoreflexiven Potenzials von Texten eine kritische Befragung von Strukturen zu ermöglichen – welchen Status hätte dies in einem Ganzen von Beziehungen? Ist ein Beziehungsverhältnis von Literaturwissenschaft und Politik zu denken, das keines der gegenseitigen Vereinnahmung ist? Inwiefern ist eine bestimmte Form der Politisierung über die Texte, die wir im Studium lesen, bereits impliziert? Wie spezifisch wäre sie – und was würde (unbemerkt) ausgeklammert? Wäre dieser Standort stärker zu reflektieren, um eine kritische Position behaupten zu können?

Wozu befähigt kritisches Denken – im Seminar wie im öffentlichen Raum?


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